Immer wieder mal bekommen Gabi und/oder ich Anfragen – meist von Zeitschriften oder Verlagen, manchmal aber auch von Ausstellungsmachern – ob sie eines unserer Photos, von denen wir ja über 26.000 auf flickr herumliegen haben, für eine Publikation, eine Ausstellung oder einen Flyer verwenden dürfen. Die Anfragen lassen meist schon erkennen, daß sie darüber mehr oder weniger zufällig über die Google-Bildersuche gestolpert sind.
In der Regel stimmen wir der (meist kostenlosen) Veröffentlichung zu (dafür stehen die Bilder schließlich im Netz), wollen aber dafür wenigstens korrekt als Photographin oder Photograph genannt werden (und wenn es geht, bitten wir auch um ein Belegexemplar – das ist aber keine Bedingung). Und hier beginnt das Drama. Zwei Vorfälle aus den letzten Tagen:
Vorfall 1: Ein bekanntes Neuköllner Museum wollte eine Ausstellung zum Körnerpark, für den Gabi ein paar wirklich schöne Photos geschossen hatte, machen und bat um die Abdruckrechte einiger der Bilder. Wir stimmten zu – auch deshalb, weil wir das Museum schon seit den Zeiten von Dorothea Kolland wirklich schätzen – unter der eigentlich selbstverständlichen Voraussetzung, daß der Name der Photographin genannt wird. Kaum war die erste Webseite zur Ausstellung draußen, entdeckte Gabi, daß unter dem Bild »Foto: Jörg Kantel« stand (nach einer empörten Email von Gabi mittlerweile korrigiert). Dann war Gabi gestern in der Ausstellung und sah, daß das großformatige Photo dort immer noch mich als Photographen nannte. Und wer in der Begleitbroschüre als Urheber der Bilder genannt wird, konnte sie nicht eruieren, da die Begleitbroschüre in der Ausstellung nicht vorhanden war. Sie befürchtet nun allerdings das Schlimmste und ist zu Recht in ihrem Stolz verletzt.
Vorfall 2: Ein Berliner Stadtmagazin wollte ebenfalls für die aktuelle Ausgabe ein paar Photos von uns abdrucken. Wir stimmten – unter den gleichen Bedingungen wie oben – zu. Hier verlief es nun genau umgekehrt: Unter beiden Bildern stand »Foto: Gabriele Kantel« obwohl eines davon eindeutig von mir photographiert wurde. Manchmal frage ich mich, ob Bildjournalisten nicht lesen, sondern nur Bilder gucken können? Auf unseren flickr-Seiten steht nämlich deutlich erkennbar unter jedem Bild, wer das Photo geschossen hat. So schwer kann das doch nicht sein, oder?
Die Ahnungslosigkeit der Bildjournalisten zeigt sich auch in der immer wieder gestellten Frage nach einer höheren Auflösung. Irgendwie scheinen sie nicht zu wissen, wie man auf flickr die Originalgröße findet. Den Vogel schossen hier aber auch wieder die Mitarbeiter des obigen Stadtmagazins ab. Als ich ihnen den Link zur Originalgröße schickte, kam die verstörende Antwort: Ja, aber haben Sie keine RAW-Datei? Unter dem Photo steht ganz fett: Photographiert mit Apple iPhone 5 back (mit Zeichnung eines iPhones, das kann man gar nicht übersehen). Und das ein iPhone nun einmal keine RAW-Dateien, sondern nur JPEGs rausschmeißt, das sollte sich langsam auch unter Bildjournalisten herumgesprochen haben, so neu ist das schließlich nicht mehr.
So, der Rant mußte jetzt mal sein. Und ich überlege, ob wir in Zukunft auch weiterhin so großzügig mit der Vergabe unserer Bildrechte sein sollen. Wenn es uns doch nur mit Schlampigkeit gedankt wird …
Zur Ehrenrettung anderer muß ich aber noch erwähnen, daß es auch korrekt zugehen kann. Unsere Bilder zieren auch einige wissenschaftliche Publikationen. Und die Wissenschaftler gehen immer sehr sorgfältig mit ihren Quellen um – das ist ja auch ihr tägliches Brot –, dort ist uns noch nie eine falsche Quellenangabe untergekommen. Also, liebe Wissenschaftler: Wir danken Euch dafür und Ihr dürft auch ruhig weiter um (auch kostenlose) Abdruckrechte nachfragen. Aber Ihr Bildjournalisten und Kuratoren, Ihr macht erst einmal besser Eure Hausaufgaben. Denn Gabi ist sauer – und das zu Recht! [Photo (cc): Jörg Kantel]
1 (Email-) Kommentar
Klar mag da im einen oder anderen Fall auch Unwissenheit/Blauäugigkeit im Spiel sein, insbesondere wenn’s wie im genannten Fall an der 50:50-Chance bei der Quellenangabe scheitert. Aber oft genug habe ich auch schon Kalkül erlebt, so unter dem Motto "Was ich nicht nenne, muss ich nicht bezahlen und schont mein Budget". Da finden sich dann in durchaus profitablen Verlagsprodukten Bildquellen wie "Privat", "Web" oder "Archiv" … bzw. man erhält auf entsprechende Hinweise Antworten wie "Woher sollten wir den wissen, dass …", "Seien Sie doch froh, dass Ihr Foto in der Zeitung ist" und "Das müssen Sie mit unserer Rechtsabteilung klären" … Beliebt ist auch "Das ist in der Eile passiert; aber wissen Sie, was Sie mir jetzt für Ärger machen …"
– André D. (Kommentieren) (#)
Über …
Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!
Alle eigenen Inhalte des Schockwellenreiters stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz, jedoch können fremde Inhalte (speziell Videos, Photos und sonstige Bilder) unter einer anderen Lizenz stehen.
Der Besuch dieser Webseite wird aktuell von der Piwik Webanalyse erfaßt. Hier können Sie der Erfassung widersprechen.
Diese Seite verwendet keine Cookies. Warum auch? Was allerdings die iframes
von Amazon, YouTube und Co. machen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Werbung