Frankreich hat gewählt – gewählt?

Gestern war ja der erste Wahlgang zur Präsidentschaftswahl in Frankreich. Frankreich hat also gewählt. Doch hatte Frankreich überhaupt eine Wahl? So schreibt Wolf Wetzel in seinem lesenswerten Beitrag »Der Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich, Nuit debout und ein neues 68« über das, worum es in Frankreich gerade wirklich geht, was in den Zeitungen aber nicht zu lesen ist und zitiert zur geradezu grotesken Gegenüberstellung von Le Pen und Macron den Soziologen Didier Eribon:

Sie führen eine Koexistenz, sie bilden die beiden Pole desselben Systems. Die Art der Politik, wie Macron sie geradezu karikaturistisch verkörpert, bringt den Front National nach oben. Heute appelliert man an uns, Macron zu wählen, um damit ein Phänomen einzudämmen, für das Leute wie er doch maßgeblich verantwortlich sind! Wenn Macron im Mai zum Präsidenten gewählt wird, dann bekommt Le Pen beim ersten Wahlgang in fünf Jahren wahrscheinlich über 40 Prozent. Dynamisch gesehen wählt man also mit Macron schon heute Le Pen.

Dieser Beitrag erschien am Sonntag vormittag. Heute vormittag – also nach dem Wahlgang – schrieb Jens Berger in den NachDenkSeiten »Stellen Sie sich vor, Sie hätten nun die Wahl zwischen Frauke Petry und Christian Lindner«:

Didier Eribon hat bereits vorhergesagt, daß durch einen Sieg Macrons in diesem Jahr der Sieg Le Pens in fünf Jahren im Grund vorprogrammiert ist. Und diese Einschätzung sollte man ernst nehmen. Wenn die politische Linke nicht mehr als Hoffnungsträger der Opfer neoliberaler Politik wahrgenommen wird, wenden sich die Verratenen dem Front National zu.

Das sei nicht nur den bürgerlichen Macron-Jublern (denen ist sowieso nicht mehr zu helfen), sondern auch und gerade der Linken ins Stammbuch geschrieben: Nur wenn die bürgerliche Presse aufheult, vom »linken Populismus« und der Alternativlosigkeit des neoliberalen Europas faselt, Euch unrealistische Politik vorwirft … Dann und nur dann habt Ihr alles richtig gemacht. (Beide Zitate in Burks’ Blog gefunden.)

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