Der Generalbundesanwalt Harald Range hat auf Betreiben des Verfassungsschutz-Chefs Hans-Georg Maaßen ein Strafverfahren wegen Verdachts des Landesverrats gegen Markus Beckedahl und Andre Meister als Verantwortliche des Blogs Netzpolitik.org eingeleitet. Das Blog hatte – so der Vorwurf – Anfang dieses Jahres über die Haushaltspläne des Verfassungsschutzes berichtet und dabei offengelegt, wie der Verfassungsschutz künftig das Netz überwachen will.
Golem.de vermutet sicher zu Recht, daß dies nicht nur ein Angriff auf die Pressefreiheit, sondern speziell ein Angriff auf die Blogosphäre sei:
Andererseits ist es für eine Behörde wie den Verfassungsschutz einfacher, sich mit einem kleinen Blog als mit einer überregionalen Zeitung oder einem großen Nachrichtenmagazin anzulegen. Mit den Strafanzeigen gegen die unbekannten Quellen von Netzpolitik.org sowie das Blog will der Verfassungsschutz möglicherweise ein Exempel statuieren, um weitere Leaks einzudämmen.
Denn gegenüber dem staatstragenden Kuschen der großen Medienhäuser ist kritische Berichterstattung über geheimdienstliche Tätigkeiten nahezu ausschließlich nur noch im Netz zu finden. Dabei ist diese kritische Berichterstattung und das Aufdecken geheimer Pläne gerade in Zeiten, in denen wir von der NSA in großem Stil und folgenlos für die kriminellen Verantwortlichen ausgespäht werden und die deutsche Regierung knietief im NSA-Sumpf steckt; in Zeiten in denen der Verfassungsschutz – so der sich aufdrängende Verdacht – nahezu die gesamte rechte Szene durch die Bezahlung der V-Männer finanziert und doch nichts über die Morde des NSU gewußt haben will (die Akten darüber wurden aber vorsichtshalber geschreddert); in Zeiten, in denen die Demokratie durch Geheimabkommen wie TTIP ausgehebelt werden soll; in solchen Zeiten ist die Berichterstattung und das Aufdecken geheimer Pläne Bürgerpflicht. Denn »wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht«.
Immerhin verurteilte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die Ermittlungen scharf. Laut dem Bundesvorsitzenden Michael Konken sei das Vorgehen ein »unzulässiger Versuch, zwei kritische Kollegen mundtot zu machen«. Er forderte den Generalbundesanwalt auf, die Ermittlungen unverzüglich einzustellen.
Und der Rechtsanwalt und Autor Markus Kompa empfiehlt den beiden Bloggern:
Bis die Karlsruher Richter die Vorratsdatenspeicherer und Generalbundesanwälte von Bundesjustizminister Heiko Maas wieder an die Kette gelegt haben, sollten sich die Blogger vorsichtshalber schon mal in der Berliner Botschaft von Ecuador einfinden.
Der ganze ungeheuerliche Vorgang erinnert an die Spiegel-Affäre aus dem Jahre 1962. Im Verlauf dieser Affäre mußte der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß aus dem Amt ausscheiden.
Auch wenn der Rücktritt von Franz Josef Strauß seiner politischen Karriere nicht wirklich geschadet hatte, erwarte ich in diesem Falle auch einen Aufschrei aus der Politik, die den Rücktritt des für dieses Vorgehen des Generalbundesanwaltes verantwortlichen Bundesjustizministers Heiko Maas (SPD) fordert. Und ich erwarte, daß diese Rücktrittsforderung auch aus den Reihen der letzten aufrechten Bundestagsabgeordneten der SPD kommt. Denn sonst ist diese ehemalige Arbeiterpartei endgültig überflüssig geworden und ich empfehle ihr dann, sich aufzulösen und geschlossen in die CDU einzutreten.
Ich möchte in diesem Zusammenang auch noch an ein Wort von Erich Kästner erinnern:
Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird.
Da der Server von Netzpolitik.org unter der hohen Last leidet, wurden alle Dokumente, die zu den Ermittlungen führten, auf Landesverrat.org gespiegelt.
3 (Email-) Kommentare
Kleine Korrekturen:
1) Es ist nicht der BND, der sich V-Leute in der rechten Szene hält, sondern das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz.
2) Auch, wenn es eine gewisse ideologische Nähe zur CDU und CSU zu geben scheint, heißt es immer noch der NSU, nicht die NSU.
– kernpanik (Kommentieren) (#)
Danke! Korrigiert!
– Jörg Kantel (Kommentieren) (#)
Wortgewaltige Analyse eines Bundesrichters: Helden wohin man blickt.
Fwd: "Netzpolitik.org": Ein Abgrund von Landesverrat | ZEIT ONLINE "… Was ist "Staatsmacht", was ist "Pressefreiheit", was "Verhältnismäßigkeit"? … Journalisten, deren intellektuelle Fähigkeiten und Fachkenntnisse gerade eben zum Zubinden der Schuhe und zum Auftragen von Mascara ausreichen, erklären Hunderttausenden von Medien-Konsumenten die Welt (wie sie ihnen oder ihren Marionettenspielern gefällt). … " http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-08/pressefreiheit-netzpolitik-fischer-im-recht/komplettansicht
– Betram S. (Kommentieren) (#)
Über …
Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!
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