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Get AMP’d und weitere Neuigkeiten von der Medienfront

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Vor ein paar Tagen hat Google AMP HTML unter einer freien Lizenz (Apache Lizence, Version 2.0) auf GitHub veröffentlicht und einen kleinen Sturm im Wasserglas ausgelöst. Die einen sehen darin eine Konkurrenz zu Facebooks Instant Articles, die anderen eher einen Beschleuniger für mobile Webseiten. Nach Aussage von Google haben sich bereits mehr als 30 Verlage und Technologiefirmen am AMP-Projekt beteiligt. Neben Zeit Online und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus Deutschland sind unter anderem die New York Times, der Economist, die Financial Times, das Wall Street Journal, die Washington Post, der Guardian, die BBC sowie Twitter, Pinterest und LinkedIn dabei. Sie sehen AMP HTML also als den gefühlt 101. Versuch, die klassischen Distributionsformen der Bewußtseinsindustrie vor dem pösen Internet zu retten. Felix Schwenzel hat sich die Mühe gemacht, die vorwiegend amerikanischen, positiven Reaktionen zu sammeln. Er zitiert Jeff Jarvis, der begeistert ist, sieht er doch durch AMP HTML die Idee einer einfachen Verteilung (Distribution) von publizistischen Inhalten im Web gestärkt:

But I think AMP and Instant Articles are more than that. They are a giant step toward a new, distributed content ecology on the web.

Auch Felix findet genau das spannend, zwinge es doch

die verleger, bzw. alle die im netz veröffentlichen dazu, sich zu beschränken. so wie twitter einen zwingt sich kurz zu fassen, zwingt amp einen dazu sich den (technischen) regeln der auslieferungsbeschleunigung zu unterwerfen (was unterm strich zu erhöhtem lesekomfort führt).

Daneben sei AMP, wie RSS, Atom, JSON und anderen ein weiterer Weg, seine publizistischen Inhalte unters Volk zu bringen. Auf den ersten Blick sieht also alles schön aus: Im Gegensatz zu Facebooks Instant Articles, wo der Content zu Facebook geht, bleibt bei AMP HTML alles beim Produzenten. Also kein Datensilo?

In den Reihen der in Jubel ausbrechenden Journalisten sehe ich nur wenige kritische Stimmen: Joshua Benton zum Beispiel, der in seinem lesenswerten Artikel »Get AMP’d: Here’s what publishers need to know about Google’s new plan to speed up your website« darauf hinweist, daß zum einen Google die Webseiten cached, das heißt ein Teil Eures Angebot wird von Google gehosted. Zwar sei es möglich, selber einen Cache hochzuziehen, aber er gibt zu bedenken, daß der Internetriese die Macht besäße, Seiten, die über Googles Cache laufen, höher zu bewerten, als Seiten, die woanders oder gar nicht gecached werden.

Daneben schränkt AMP HTML die Nutzung diverser HTML-Tags, JavaScript-Befehle und CSS-Elemente ein oder verbietet sie ganz. Das heißt, Google schreibt uns vor, was gutes und was böses HTML sei. Ich will das nicht wirklich und auch Dave Winer hat den Pferdefuß in Googles angeblich so großzügigem Angebot erkannt und fordert open standards without all that nasty interop.

AMP HTML ist also nicht das, was ich kritiklos und unüberlegt einsetzen werde. Und mit Sicherheit wird es das freie Web nicht retten, sondern vielleicht sogar ein Sargnagel des freien Webs werden.

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Zeitgleich überraschte ein weitere Nachricht die Medienwelt: Medium hat ein API? fragte Dave Winer ungläubig. In der Tat, Medium hat ein Publishing API angekündigt, das es erlauben soll, seine Inhalte auch auf Medium zu publizieren. Es ist noch beta, unterstützt aber (in Maßen, wie Winer herausfand) IFTTT, es gibt bereits SDKs für Python, Go und NodeJS. Außerdem gibt es ein Refernz-Plugin für WordPress und das API unsterstützt Markdown und HTML.

Es ist also wirklich ein API, das es ermöglicht, von überall seine Inhalte als weiteren Distributionskanal auf Medium zu publizieren. Einige schon realisierte und geplanten Beispiele werden in diesem Beitrag von Katie Zhu zu vorgestellt. Diese Art der verteilten Distribution trägt in meinen Augen viel mehr zu einem offenen, verteilten Web bei, als das gesamte AMP-HTML-Theater.

War sonst noch was? Ach ja, still und heimlich ohne großes Tam Tam startete Twitter mit Moments ein eigenens Nachrichtenangebot und reiht sich damit in den Reigen von Google, Apple und Facebook ein. Katharina Borchert wechselt vom Chefposten bei Spiegel Online nach Mozilla. Sie soll dort als Chief Innovation Officer Zukunfts-Chancen erkennen und einordnen. Und Dave Winer beharrt darauf, daß das ganze Medien-Gedöns der letzten Tage doch nur Source Go Direct sei. Und wo er Recht hat, hat er Recht!


(Kommentieren)  Get AMP

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Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!

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