Vor ein paar Tagen fragte ich noch, ob nicht Bürger die besseren Stadtplaner seien und beantwortete dies angesichts des Eiertanzes des Senats um das Tempelhofer Feld eindeutig mit »Ja«. Nun habe ich für diese These einen weiteren Beleg gefunden. Es gibt für die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof ein Konzept der Bürger-AG Village, das bis zu dreigeschossige Holzhäuser in den Hangars errichten will. Der Bau solcher Häuser sei brandschutztechnisch möglich, wenn ein zweiter Fluchtweg vorhanden ist, so Jereon Meissner, der Architekt des Plans. Und er sagt:
Unsere Idee ist, daß die Menschen mehr Privatsphäre erhalten. Zugleich schaffen wir zusätzlichen gemeinschaftlichen Freiraum.
In der Bürger-AG Village haben sich unter anderem Architekten, Landschaftsplaner und Gärtner zusammengeschlossen. Sie haben die Alternativ-Planung zum Senatskonzept erarbeitet, um eine Bebauung der freien Flächen abzuwenden, nicht aber, um die Nutzung des Feldes für Flüchtlinge zu verhindern.
Und die Antwort des Senats auf diesen hochprofessionellen Plan? »Zu unausgereift« soll das Urteil der Stadtentwicklungsbehörde lauten. Als ob die Senatsbehörden in der Lage seien, die Ausgereiftheit von Plänen zu beurteilen (wie das Beispiel BER mit aller Deutlichkeit zeigt).
Nein, es ist schlicht und einfach die Denkfaulheit und Phantasielosigkeit der Berliner Politik. Stattdessen wollen sie lieber noch in diesem Monat mit einem Großangriff auf die Demokratie den Volkseintscheid zum Tempelhofer Feld aushebeln. Die Senatsvorlage zur Aufhebung des Bauverbots auf dem Tempelhofer Feld soll im Eilverfahren am 28. Januar auf Wunsch des Regierenden Bürgermeisters Müller (SPD) im Abgeordnetenhaus abgenickt und ein menschenunwürdiges Massenlager von mindestens 7.000 Geflüchteten auf dem Tempelhofer Feld errichtet werden.
Noch einmal die anfangs gestellte Frage: Sind Bürger die besseren Stadtplaner? Angesichts der Unfähigkeit der Großen Koalition im Berliner Senat, jenseits eingefahrener Gleise zu denken und Alternativkonzepte auch nur zu diskutieren, liegt die Antwort wohl auf der Hand.
(Berliner Zeitung vom 11. Januar 2016, wegen Leistungsschutzrechtprotest nicht verlinkt und thf100.de.) [Photo (cc): Jörg Kantel]
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