Das Sierpinski-Dreieck, ein 1915 vom polnischen Mathematiker Wacław Sierpiński beschriebenes Fraktal, zählt zu den Ikonen der Chaos-Thoerie. Es ist die selbstähnliche Teilmenge eines (meist, aber nicht notwendigerweise gleichseitig dargestellten) Dreiecks. Teilt man das Dreieck in vier zueinander kongruente und zum Ausgangsdreieck ähnliche Dreiecke, deren Eckpunkte die Seitenmittelpunkte des Ausgangsdreiecks sind, dann sind die Teilmengen des Fraktals in den drei äußeren Dreiecken skalierte Kopien des gesamten Fraktals, während das mittlere Teildreieck nicht zum Fraktal gehört.
Das Sierpinski-Dreieck im streng mathematischen Sinn ist das Grenzobjekt, das nach unendlich vielen Iterationsschritten übrigbleibt. Es besteht aus unendlich vielen »Eckpunkten«. Zur Darstellung, die meist mit rekursiven Computerprogrammen realisiert wird, reicht meist schon eine Iterations- oder Rekursionstiefe von höchstens zehn. Bedingt durch die Auflösung des darstellenden Mediums und des menschlichen Auges sind diese Gebilde vom Grenzobjekt nicht mehr zu unterscheiden. In klassischer planimetrischer Flächenmessung geht die Fläche mit zunehmender Iterationstiefe gegen Null. Somit ist das Sierpinski-Dreieck eng verwandt mit der Cantor-Menge.
Angestachelt durch meine frisch erwachte Begeisterung über das Turtle-Modul in Python, beschloß ich, das Sierpinski-Dreieck mit der Schildkröte zeichnen zu lassen. Das Programm war schnell geschrieben, wobei ich einem Turbo-Pascal-Programm von Dietmar Hermann aus seinem wunderbaren Buch »Algorithmen für Chaos und Fraktale« folgte:
import turtle as t
l = 400
wn = t.Screen()
wn.bgcolor("black")
wn.setup(width = 600, height = 400)
wn.title("Sierpinski-Dreieck")
sierp = t.Turtle()
sierp.pencolor("white")
sierp.pensize(2)
def sierpinski(l):
if l > 20:
for i in range(3):
sierpinski(l/2)
sierp.forward(l)
sierp.right(120)
sierp.penup()
sierp.goto(-200, 180)
sierp.pendown()
sierpinski(l)
wn.mainloop()
Die einzigen neuen Turtle-Befehle in diesem Skript sind die Befehle turtle.penup()
, turtle.goto()
und turtle.pendown()
. Mit dem ersten wird die Turtle angewiesen, den Stift anzuheben, das heißt, nicht mehr zu zeichnen. Mit dem zweiten Kommando schickt man die Turtle direkt zu einer Koordinate, ohne das vorherige turtle.penup
hätte die Schildkröte eine Linie von der Mitte des Canvas’ (ihrem Startpunkt) bis zum Startpunkt des Dreiecks links oben gezogen. Und der letzte Befehl (turtle.pendown()
) sagt der Schildkröte, daß sie ab nun wieder zeichen soll.
Ich habe das Programm mit normaler Geschwindigkeit ablaufen lassen, weil man sehr schön verfolgen kann, wie in diesem Fall die Rekursion funktioniert und das Dreieck Schritt für Schritt aus kleineren Dreiecken aufgebaut wird 1.
Es ist erstaunlich, wo das Sierpinski-Dreieck überall auftaucht, in der Mehrfach-Verkleinerungs-Kopiermaschine (MVKM) 2 oder im Pascalschen Dreieck. Über die Entstehung des Sierpinski-Dreiecks durch das Chaosspiel hatte ich auch schon einmal geschrieben.
Und selbst der Bundesgerichtshof hat sich 2016 in einer markenrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Sierpinski-Dreieck befaßt. Den verlinkten Text verstehen allerdings vermutlich nur Juristen.
Diese Seite über das Sierpinski-Dreieck von Antonio Marquez-Raygoza dürfte keine Fragen mehr zum Thema offenlassen. Doch Vorsicht! Ausgedruckt ergibt sie 107 DIN-A4-Seiten, darum wundert Euch nicht, wenn sie sehr, sehr lange lädt.
Auch von Michael Holzapfel gibt es eine informative Seite zum Sierpinski-Dreieck. Außerdem findet Ihr auf seinen Seiten zu Python auch ein paar schöne Beispiele zur Turtle-Programmierung.
Dietmar Hermann: Algorithmen für Chaos und Fraktale, Bonn (Addison-Wesley) 1997
Heinz-Otto Peitgen, Hartmut Jürgens, Dietmar Saupe: Bausteine des Chaos, Fraktale, Stuttgart (Klett-Cotta/Springer) 1992
Über …
Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!
Alle eigenen Inhalte des Schockwellenreiters stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz, jedoch können fremde Inhalte (speziell Videos, Photos und sonstige Bilder) unter einer anderen Lizenz stehen.
Der Besuch dieser Webseite wird aktuell von der Piwik Webanalyse erfaßt. Hier können Sie der Erfassung widersprechen.
Diese Seite verwendet keine Cookies. Warum auch? Was allerdings die iframes
von Amazon, YouTube und Co. machen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Werbung