Um noch einmal auf den Microsoft-GitHub-Deal zurückzukommen: Auch wenn immer noch einige (auch Dave Winer) glauben, daß Git nur was für Entwickler (»Build for Developers«) sei, denke ich, daß es mehr ist: GitHub und GitLab (Pages) haben für viele Autoren schon lange die Funktion eines kostenlosen Hosters übernommen, der statische Seiten (zum Beispiel zusammen mit Jekyll oder Hugo) so servieren kann, daß ein komplettes Herausrendern aller Seiten eines Webauftritts nicht mehr notwendig ist.
Ich habe mir in diesem Zusammenhang gestern GitLab.com genauer angeschaut, den Dienst von GitLab, der es erlaubt, GitLab ohne die Qualen eines selbstgehosteten Servers zu nutzen. Im Gegensatz zu GitHub kann man dort auch in der kostenlosen Version private Repositorien nutzen. Testweise habe ich mal die (Markdown-) Seiten meines Evernote-Ersatzes Nevernote aus der Tropfenschachtel befreit und dort abgelegt und es scheint recht gut zu funktionieren. (Die Seiten sind meine Notizblätter und sie enthalten unter anderem auch urheberrechtlich geschütztes Material, daher konnte ich sie nicht in einem öffentlichen Repositorium ablegen.)
Nun überlege ich, ob es nicht noch einfacher geht: Ein Zettelkasten, der nur aus Markdown-Dateien besteht, die auf GitHub und/oder GitLab (oder meinetwegen auch in der Dropbox) abgelegt und gar nicht erst nach HTML herausgerendert, sondern in entsprechenden Markdown-Editoren mit Live-Preview betrachtet werden. Je nach Einstellung des Hosters kann man diese Dateien der Weltöffentlichkeit präsentieren oder nur einem ausgewählten Leserkreis zugänglich machen. Auf die Idee kam ich, nachdem ich diesen Artikel von Konstantin gelesen hatte, in dem er über »seinen« Markdown-Editor iAWriter schwärmte1. Aber im Prinzip kann man dafür jeden Markdown-Editor nutzen (meine Favoriten wären momentan MacDown oder Haroopad).
Das wäre die Grundlage für ein Web ohne Server und ohne Browser, ähnlich wie es Carl Sassenrath mit seinem REBOL-basiertem World Wide Reb schon einmal vorschwebte. Also ein offener Garten ohne Mauern und Zäune.
Und ich weiß nicht, ob es Zufall oder doch eine Folge des GitHub-Deals ist: Dave Winer veröffentlichte eine erste Version eines Public Storage for end users, die er public folder nannte. Es ist eine Node-Anwendung, die einen Ordner auf dem Desktop mit Amazon S3 synchronisiert. Auch dies wäre ein möglicher Speicherort für Markdown-Dateien in einem offenem Web, denn auch hier bleiben – ähnlich wie bei den Git-basierten Servern oder der Dropbox – die »Originale« auf den Rechnern der Nutzer.
Das alles sind erst einmal noch recht unfrisierte Gedanken. Doch lasst uns weiter über eine World-Markdown nachdenken.
War sonst noch was? Ach ja, hier gibt es eine Einführung in Gatsby, in der auch ein Hosting auf GitHub Pages in Erwägung gezogen wird. Ich stehe mit meinen Überlegungen also nicht ganz alleine.
3 (Email-) Kommentar
Ich habe mich mit der Idee, auf CMS zugunsten von Offline-Generatoren und statischen Pages zu verzichten, anfangs gedanklich extrem schwergetan. Mit zunehmender Beschäftigung damit, auch mit Blick auf das umrissene Szenario der Verwendung von Markdown und geeigneter Hoster, nimmt das Ganze für mich zumindest etwas mehr Form an. Ob es besser wird - oder man nur die Komplexität von CMS, Datenbanken und Logik zum Zusammenbinden der verschiedenen Komponenten durch Generatoren, serverseitige Markdown-Viewer ersetzt, vermag ich noch nicht abzuschätzen. Ist HTML nicht eigentlich genau für den Zweck vorgesehen, für jetzt Markdown zum Einsatz kommen soll? Dann könnte der Zettelkasten auch aus .html-Files bestehen, der über HTTP oder WebDAV erreichbar gemacht wird. Einen gesonderten Viewer braucht es dann auch nicht - das kann der Browser oder irgendein HTML-Editor, der auch anzeigen kann. Ganz ohne Server geht es dann nicht, aber das wird es in keinem Fall - auch ein "public storage for end users" wird irgendeinen Server benötigen, um Nutzer mit diesem Storage interagieren zu lassen. ;)
– Kristian R. (Kommentieren) (#)
Es soll sogar Leute geben, die per Markdown formatierte „phlogs” per Gopher führen. Hosting wäre natürlich wieder so eine Sache.
– Alexander A. (Kommentieren) (#)
Ich hatte mal einige Zeit Markdeep getestet und fand das Konzept nicht schlecht. Man schreibt die Dateien in Markdown und legt diese in einem Ordner ab. Diese werden dann für die Browser mit einem eingebundenen Javascript live umgerechnet und dann angezeigt. Dadurch werden diese sehr schnell gerendert. Leider hatte ich nicht die Zeit, um ein eigenes Theme dafür zu schreiben und habe das Konzept nicht weiter verfolgt. Vielleicht sollte ich mich mal wieder damit beschäftigen.
Wenn man das jetzt mit der Idee (Daten in einem Ordner werden egal wohin gespiegelt) kombiniert, könnte das auch für einfach Benutzer*Innen funktionieren. Man bräuchte dann noch eine Index Datei die alle einzelnen Einträge nach Datum sortiert und rendert, hat man ein sehr einfaches Blog. Darauf könnte man dann aufbauen.
– Robert T. (Kommentieren) (#)
Ich hatte iAWriter auch schon einmal im Einsatz, aber eigentlich nur, um damit mein Nevernote auch von mobilen Geräten »füttern« zu können. ↩
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