Mich geht es seit heute ja eigentlich nichts mehr an (auch das sind die Vorzüge des Rentnerdaseins: Sich nicht mehr über den Berliner ÖPNV aufregen zu müssen), aber diese zwei Meldungen von heute früh haben meinen Blutdruck wieder anschwellen lassen: Einmal erklärt mir Berliner Morgenpost (wegen Leisungsschutzrechtprotest nicht verlinkt), warum die S-Bahn auch dieses Jahr nicht pünktlich ist. Und das, obwohl die Bahn erst ab vier Minuten Verspätung als »unpünktlich« gilt. Das heißt bei einem Zugabstand von fünf Minuten, daß Unpünktlichkeit eigentlich erst bei einem Zugausfall eintreten. Doch Zugausfälle gibt es immer noch reichlich bei der kaputtgesparten Bahn.
Danach kam mir die Meldung unter (übereinstimmend im Tagesspiegel und in der Berliner Morgenpost, wegen Leisungsschutzrechtprotest … na, Ihr wißt schon), daß ab dem 4. Januar 2019 die U-Bahnlinien U2 und U3 zeitgleich (teil-) gesperrt werden und es nicht einmal einen Schienenersatzverkehr gibt. Stattdessen wird eine komplizierte Umfahrung angeboten. Diese sei deshalb so kompliziert, da der einfachste Umstieg an der Spichernstraße von der U3 in die U9 nicht möglich sei, weil dort seit April 2018 ein Aufzug gebaut werde. Noch bis Ende Mai 2020 müssen Umsteiger dort einen mehrere hundert Meter langen Umweg entlang der Bundesallee laufen.
Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! So etwas nenne ich einen glatten Planungsfehler und ein Versagen der Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die als Aufsichtsratschefin der BVG schleunigst ihren Hut nehmen sollte.
Denn es kommt nochj viel schlimmer: Nach der ersten Bauphase vom 4. Januar bis 24. Februar gibt es ab März 2019 weitere Einschränkungen für alle Fahrgäste der U-Bahn geben. Die BVG prüft derzeit, ob auch auf den stark befahrenen Linien nur noch ein Fünf-Minuten-Takt gefahren werden kann. Noch rollen auf mehreren Linien die Züge teilweise alle vier Minuten im Berufsverkehr. Dies soll die derzeit durch Kaputtsparen verursachte chaotische Situation bei der U-Bahn stabilisieren. Denn nach Angaben des Fahrgastverbands Igeb fehlen nicht nur Züge, sondern auch Fahrer und Personal in den Werkstätten.
Und eine zweite große Baustelle gibt es in Neukölln auf der U7: Vom 4. bis 30. Januar fahren zwischen Britz Süd und Grenzallee keine Züge – hier gibt es Schienenersatzverkehr mit Bussen.
Eigentlich sind die zu fordernden Konsequenzen klar: Neben dem schon oben geforderten Rücktritt von Ramona Pop sollte vor allem S-Bahn und BVG enteignet und wieder Eigenbetriebe des Landes Berlin werden. Damit nicht die Shareholder-Value, sondern das Wohl der Fahrgäste wieder im Vordergrund der bisherigen Aktiengesellschaften steht. Das Primat der Politik muß wieder durchsetzbar sein.
Wer hier blauäugig meint, daß Deutsche Bahn und BVG doch im Besitz der öffentlichen Hand seien, dem sei erwidert: Sie sind Aktiengesellschaften und wer zum Beispiel Apple-Aktien besitzt, der weiß, wie wenig Einfluß ein Aktionär auf das Geschäftsgebahren einer AG besitzt. Nur bei Eigenbetrieben kann die Politik direkt eingreifen und auch verantwortlich gemacht werden. Der ÖPNV ist Teil der Daseinsvorsorge, der darf einfach nicht privatisiert sein – auch wenn die neoliberalen Sprachrohre des Kapitals nicht müde werden, etwas anderes zu behaupten. [Photo (cc): Jörg Kantel]
1 (Email-) Kommentar
Das Primat der Politik muß wieder durchsetzbar sein.
Völlige Zustimmung, ich hätte es genauso gesagt (außer, dass ich „muss” geschrieben hätte…) — aber stattdessen setzt sich in der Politik der Primat durch und entsprechend affig wird’s dann halt.
Sorry für die Polemik, aber der Wortwitz zwang dazu, gemacht zu werden.
– Alexander A. (Kommentieren) (#)
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