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Digitaler Nachlaß, Online Notizen für statische Seiten und andere Ideen für ein nachhaltiges Web

Die Futurezone bejammerte in einem Beitrag, daß der digitale Nachlaß häufig noch zu wenig geregelt sei. Dabei ging es ihr aber wenig um Nachhaltigkeit, sondern eher um die Frage, wie die Erben das digitale Erbe des Dahingeschiedenen elegant wieder loswerden können. Mich treibt aber ein anderer Gedanke um: Wie kann ich dafür sorgen, daß mein digitaler Nachlaß, also in der Hauptsache dieses Blog Kritzelheft und mein Wiki unabhängig von mir weiter existiert (ja, ab einem gewissen Alter kommt man auf solche Gedanken).

Ausgelöst wurde diese Frage schon vor vielen Jahren durch einen Wissenschaftler am Institut meines ehemaligen Brötchengebers, der auf meinen Vorschlag, seine Ergebnisse online zu veröffentlichen, antwortete: Ein Buch hält ungefähr 100 Jahre, wie lange hält Deine Website?

Abgesehen von den Bemühungen von Archive.org, das gesamte Internet zu archivieren, gibt es nur eine Möglichkeit, sein Erbe zu bewahren. Man sucht sich einen kostenlosen Hoster, von dem man annimmt, daß er möglichst lange existiert. Meine Recherchen haben drei Kandidaten in die engere Wahl kommen lassen: Netlify, Gitlab Pages und GitHub Pages.

Alle drei Kandidaten haben einen – soweit ich das beurteilen kann – seriösen Background und sind bestens geeignet, statische Seiten zu hosten. Ich werde mir in der nächsten Zeit erst einmal GitHub Pages genauer anschauen. Warum? Gerade der viel kritisierte Verkauf von GitHub an Microsoft gibt mir die größte Wahrscheinlichkeit, daß der Dienst noch lange existiert und erst vor wenigen Tagen berichtete Tante Heise, daß das GitHub-Universum auf über 40 Millionen Entwickler angewachsen sei. Microsoft-Mitarbeiter werben ja auch nachdrücklich für diesen Dienst. 🤓

Vermutlich kann man GitHub Pages oder die beiden anderen Kandidaten auch – wie Dave Winer forderte, als eine Art C-SPAN für das Web einsetzen, ein dauerhafter Speicher, der nie hinter einer Bezahlschranke verschwindet. Winer experimentiert daher auch schon mit GitHub, nutzt es aber eher als ein kalenderähnliches Archiv.

Natürlich hat das Hosten bei GitHub, wie auch bei den anderen beiden Kandidaten, einen schwerwiegenden Nachteil: Man muß langfristig seine Domain aufgeben! Zwar kann ich schockwellenreiter.de auf kantel.github.io/schockwellenreiter umbiegen, aber natürlich nur solange, wie mir schockwellenreiter.de gehört. Und im Falle meines Ablebens wird vermutlich kein Mäzen wie der oben im Bild verewigte François Tronchin auftauchen und die Domain weiter bezahlen.

Aber obwohl ich damit gegen einer der Grundsätze des Indiewebs verstoße, kann ich langfristig damit leben. Im Falle eines tatsächlichen Umzugs kann ich (hoffentlich) während einer Übergangszeit die alten Domains solange auf GitHub/GitLab/Netlify umbiegen, bis sich meine Leserinnen und Leser an die neuen URIs gewöhnt haben.

Aber jetzt etwas anderes: Dave Winer ist in einer ähnlichen Situation wie ich, er kann sein Blog nur von seinem Desktop-Computer mit Inhalten füllen. Daher nutzt er Twitter als eine Art mobiles Notizbuch und er arbeitet an einem Tool, das alle seine Tweets in (s)einen Outliner herunterlädt und für sein Blog aufbereitet.

Diese Idee hat mich inspiriert. Natürlich sträuben sich bei mir sämtliche Nackenhaare, meine Ideen in ein Datensilo wie Twitter zu stecken, aber ich habe ja auch einen Mastodon-Account, den ich bisher eher uninspiriert, aber fleißig nutze. Daher habe ich mir heute versuchsweise einmal Tusky heruntergeladen, einen freien (GPL) Mastodon-Client für Android. Schaun wir mal, was daraus wird.

War sonst noch was? Ach ja, Maëlle Salmon hat sich in ihrem (statischen) Blogdown-Blog vom Datensilo Disqus verabschiedet und setzt jetzt Utterances ein, ein leichtgewichtiges Kommentar-Widget, das alle Kommentare als GitHub-Issues speichert. So schließt sich er Kreis.


1 (Email-) Kommentar


Ich verstehe die Motivation sich eines Datensilos entledigen zu wollen. Utterances ist aber keine solche Lösung weil es proprietäre Erweiterungen von Github nutzt. Salmon hat sich also nicht eines Datensilos entledigt, sondern ist nur bereitwillig von Silo A zu Silo B - Github von Microsoft - umgezogen. Microsoft alleine wäre schon früher für viele Grund genug gewesen, diesen Weg nicht zu beschreiten!
Für Kommentare in Git bedeutet dies für mich, dass es zwingend mit einem eigenen Git-Stack funktionieren muss - nur dann hat man sich des Datensilos entledigt. Bei Utterances ist genau dies aber nicht der Fall.
Eine echte Lösung ist für mich nur etwas wo man alles in eigener Hand hat, denn wenn man diesen Weg schon beschreitet, dann sollte man ihn auch konsequent bis zum Ende gehen. Selbst Wordpress sofern selbst gehostet gehört dazu, oder für statische Seitengeneratoren z.B. ISSO (https://github.com/posativ/isso) und wer mehr braucht, der nehme eben Remark (https://github.com/umputun/remark).

– Marc S. (Kommentieren) (#)


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Über …

Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter Rentner, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!

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