Conway’s Game of Life (GoL) ist ein vom Mathematiker John Horton Conway 1970 entworfenes Spiel, basierend auf einem zweidimensionalen zellulären Automaten. Es ist eine einfache und bis heute populäre Umsetzung der Automaten-Theorie von Stanisław Marcin Ulam.
Es fasziniert vor allem, weil die Spielregeln recht einfach gehalten sind: Das Spielfeld ist in Zeilen und Spalten unterteilt und im Idealfall unendlich groß. Jedes Gitterquadrat ist ein zellulärer Automat (Zelle), der einen von zwei Zuständen einnehmen kann, welche oft als lebendig und tot bezeichnet werden. Zunächst wird eine Anfangsgeneration von lebenden Zellen auf dem Spielfeld platziert. Jede lebende oder tote Zelle hat auf diesem Spielfeld genau acht Nachbarzellen, die berücksichtigt werden (Moore-Nachbarschaft). Die nächste Generation ergibt sich durch die Befolgung einfacher Regeln:
Aus diesen vier einfachen Regeln entstehen unglaublich komplexe Muster. Einige bleiben unverändert, andere oszillieren und wieder andere wachsen oder vergehen. Manche Strukturen, sogenannte Gleiter, bewegen sich auf dem Spielfeld fort. Sogar logische Funktionen wie UND und ODER lassen sich durch bestimmte Anfangsmuster simulieren.
Da ich nun weiß, daß nun auch auf meinem Mac Animationen in Python mit der Matplotlib möglich sind, habe ich das Buch »Python Playground« von Mahesh Venkitachalam mal wieder hervorgekramt. Denn dort ist eine Version Spiels implementiert, die die Matplotlib nutzt. Durch dieses Programm wurde ich sogar erstmals auf die Animationsmöglichkeiten der Matplotlib aufmerksam und war damals sehr enttäuscht, daß sie auf dem Mac nicht funktionierte.
Mein Programm folgt weitestgehend dem Programm aus »Python Playground«, lediglich ein paar mir überflüssig erscheinende Spielereien (so zum Beispiel die Aufrufe von der Kommandozeile mit dem Argumentenparser) habe ich weggelassen und an einigen Stellen den Code optimiert. So ist bei mit ON = 1
und OFF = 0
, statt 0
und 255
, denn das ersparte mir eine Division durch 255. Außerdem habe ich als Colormap
Viridis ausgewählt. Das ist – glaube ich – mittlerweile auch die Defaulteinstellung von FuncAnimation
, aber Mahesh Venkitachalam hatte in seiner Version darauf vertraut, daß die Defaulteinstellung Hell- und Dunkelgrau hervorbringt, aber das hat sich zwischenzeitlich geändert. Und so habe ich explizit eine colormap
-Variable angelegt, die Ihr mit der Farbpalette Eurer Wahl (sofern sie von Matplotlib unterstützt wird) belegen könnt.
Die gesamte Berechnung der Umgebung und Neubelegung der Zellen findet in der update()
-Funktion statt. Da alle Zellen auf einmal überprüft werden müssen, kann die Änderung nicht im Spielfeld erfolgen, sondern es muß erst eine Kopie angelegt werden und erst, nachdem alle neuen Zustände in der Kopie eingetragen sind, wird diese für den nächsten Durchlauf wieder zum Original.
Da eine unendlich große Welt irgendwann den Speicherbedarf jedes Rechners sprengen würde, habe ich oben und unten, sowie rechts und links miteinander verklebt, so daß eine toroidiale Welt entsteht, also eine Welt in der Form eines Autoreifens.1 Das ist eine vielfach genutzte Praxis, jedoch gibt es auch andere Möglichkeiten, die Unendlichkeit auf einem Rechner zu simulieren, zum Beispiel können alle Zellen außerhalb des Bildschirms grundsätzlich für tot oder OFF
erklärt werden.
Obiger Screenshot zeigt das Programm in zwei verschiedenen Durchläufen. Im oberen Plot zieht ein einsamer Gleiter seine Bahn, während im unteren Plot eine zufällig generierte Zellkultur einem Endzustand zustrebt.
Nun aber das vollständige Script für alle, die das nachprogrammieren wollen:
import numpy as np import matplotlib.pyplot as plt from matplotlib.animation import FuncAnimation N = 100 ON = 1 OFF = 0 vals = [ON, OFF] def randomGrid(N): return np.random.choice(vals, N*N, p = [0.2, 0.8]).reshape(N, N) def addGlider(i, j, grid): glider = np.array([[0, 0, 1], [1, 0, 1], [0, 1, 1]]) grid[i:i + 3, j:j + 3] = glider def update(frameNum, img, grid, N): newGrid = grid.copy() for i in range(N): for j in range(N): total = (grid[i, (j - 1)%N] + grid[i, (j + 1)%N] + grid[(i - 1)%N, j] + grid[(i + 1)%N, j] + grid[(i - 1)%N, (j - 1)%N] + grid[(i - 1)%N, (j + 1)%N] + grid[(i + 1)%N, (j - 1)%N] + grid[(i + 1)%N, (j + 1)%N]) if grid[i, j] == ON: if (total < 2) or (total > 3): newGrid[i, j] = OFF else: if total == 3: newGrid[i, j] = ON img.set_data(newGrid) grid[:] = newGrid[:] return img, glider = False updateInterval = 50 colormap = "viridis" grid = np.array([]) if glider: grid = np.zeros(N*N).reshape(N, N) addGlider(1, 1, grid) else: grid = randomGrid(N) fig, ax = plt.subplots() img = ax.imshow(grid, interpolation = "nearest", cmap = colormap) ani = FuncAnimation(fig, update, fargs = (img, grid, N, ), frames = 10, interval = updateInterval, save_count = 50) plt.show()
Wenn die Zeile glider = False
durch glider = True
ersetzt wird, erhaltet Ihr den Gleiter, ansonsten wird zufällig eine Anfangsstruktur erzeugt.
Es gibt natürlich noch viele weitere Strukturen in Life, die sich zu erkunden lohnen. Berühmt ist die Gleiterkanone, die ständig neue Gleiter in Spielfeld schickt, oder das f-Pentomino, das eine sagenhafte Lebenszeit von 1.102 Generationen besitzt, bevor es eine oszillierende Struktur bildet – aber nicht ohne vorher noch einige Gleiter in die Unendlichkeit zu schicken.
Ihr könnt eine Funktion schreiben, die diese Strukturen erzeugt, so wie ich es oben mit addGlider()
gemacht habe, oder Ihr könnt die Strukturen auch von einer Datei einlesen lassen. Das ist bei größeren Strukturen, wie zum Beispiel einer Gleiterkanone, sicher sinnvoller.
Conways Game of Life ist berühmt, die Literatur dazu ist riesig. Ich möchte ein paar ausgewählte Quellen vorstellen und kurz kommentieren:
Ich finde es interessant, daß in der deutschsprachigen Literatur ein Toroid meistens mit einem Autoreifen erklärt wird, in der englischsprachigen Literatur dagegen mit einem Donut. ↩
Über …
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