Die Schreckensmeldungen über das Politikversagen im Kampf gegen Corona werden immer schlimmer. Daher muß ich meinen gestrigen Rant mit neuen Berichten aus dem von der Politik verursachten Impf-Chaos in Europa, Bund und Ländern fortsetzen.
Hausärzte fordern mehr Impfstoff: Die niedergelassenen Ärzte haben vor einem massiven Stocken der Corona-Impfkampagne in Deutschland gewarnt. Zwar erhalten die Arztpraxen als Ausgleich mehr Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs, aber die Rechnung wird nicht aufgehen, da AstraZeneca nicht bei unter 60-jährigen gespritzt werden darf. Daher befürchten die Ärzte, daß die Impfkampagne massiv ins Stocken geraten wird. Natürlich weist das Gesundheitsminiterium die Kritik zurück, aber ohne daß die Daten für den Mai öffentlich vorliegen. Dafür sollen sich in den Impfzentren bereits mehr als 3,5 Millionen unverimpfte Dosen stapeln.
Weil unter 60-jährige auch bei der Zweitimpfung nicht mehr mit AstraZeneca geimpft werden dürfen, stoppt Brandenburg die Terminvergabe für Erstimpfungen. Denn die Impfdosen der anderen Hersteller werden für die Zweitimpfungen benötigt, so fehlen 62.000 Impfdoesen, um die Kampagen fortzuführen. Wer hat da wohl an der falschen Stelle gespart?
Wegen des Impf-Chaos hatte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ihren Kooperationsvertrag für die Impfzentren mit dem Senat zum Ende des Monats gekündigt. Nun übernimmt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) die Leitung der Berlinr Impfzentren und der Berliner Senat hält an seiner Strategi fest. Weil sie auch schon vorher nicht funktioniert hat?
Nun hat auch noch Johnson & Johnson wegen auffälliger Nebenwirkungen die Lieferung von vorerst 55 Millionen Impfdosen an die Europäische Union gestoppt, die bis Ende Juni geliefert werden sollten. Insgesamt sollten in diesem Jahr 200 Millionen Dosen an die EU gehen. Die Folgen für die Impfkampagen sind noch nicht absehbar.
Ab Montag sollen Schüler in Berlin und Brandenburg regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden, doch die Testpflicht stößt auf heftige Kritik. Die einen sehen Kinderrechte verletzt, die anderen fordern zusätzliches Personal. Und womit? Mit Recht!
Die Menschen in Deutschland sollen noch vor den Sommerferien in die Lage versetzt werden, einen vollständigen Impfschutz per App nachzuweisen. Das verlautete am Mittwoch aus Regierungskreisen. Per App und digital! In Sachen Digitalisierung war die Bundesregierung ja schon immer spitze. Und wie sich das mit dem (analogen) grünen Impfzertifikat der EU verträgt, darüber hat sich anscheinend auch noch niemand Gedanken gemacht.
Noch einmal digital: Brandenburg und Berlin wollen flächendeckend mit der Luca-App die Kontakte von Corona-Infizierten ermitteln und dafür haben verschiedene Bundesländer (nicht nur Berlin und Brandenburg) bisher mehr als zwanzig Millionen Euro an Steuergeldern den Herstellern in den Rachen geschmissen. Doch der Chaos Computer Club stellt der Luca-App ein vernichtendes Urteil aus und fordert eine Notbremse. Ein sinnvoller Beitrag zur Pandemie-Bekämpfung lasse sich auch mit viel Kreativität nicht konstruieren. Stattdessen listen die IT-Experten einen bunten Strauß an Stirnklatschern auf. Sie bescheinigen den App-Entwicklern »grundlegenden Mangel an Sorgfalt und Kompetenz« – sowohl in Sachen Programmierung als auch im Umgang mit auftretenden Fehlern und Begleitumständen. Außerdem kritisieren sie das zweifelhafte Geschäftsmodell. Hintergründe und Einzelheiten – wie immer hervorragend recherchiert – findet Ihr auf Netzpolitik.org.
War sonst noch was? Ach ja, es gibt manchmal auch gute Nachrichten: »Dr. Kasperl« von der Augsburger Puppenkiste zeigte auf YouTube eine kindergerechte Coronatest-Anleitung. Die Bühne geriet dadurch augenblicklich ins Visier von Corona-Leugnern und das Video bekam mehr als 3.000 Daumen nach unten. Nach einigen Aufrufen in verschiedenen sozialen Netzwerken, die Macher auf der Plattform zu unterstützen, wurde der Shitstorm dann schnell von einem Lovestorm abgelöst und das Video hat – Stand heute – mehr als 24.000 Daumen nach oben bekommen. Na bitte, geht doch!
Über …
Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter Rentner, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!
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