Heute, am 18. Februar 2022, verlegte der Künstler Gunter Demnig in der Andreasberger Straße 9 im Ortsteil Britz in Berlin-Neukölln zwei Stolpersteine. Geplant waren eigentlich drei Gedenksteine, doch aufgrund eines Kommunikationsfehlers konnten heute nur zwei Steine verlegt werden (der dritte wird nachgeliefert). Die Steine erinnern an Ruth Fischer, ihren Sohn Friedrich Gerhart Friedländer und ihren Partner Arkadi Maslow. Alle drei weisen interessante Biographien auf. Die 1895 geborene Ruth Fischer gehörte zu den Gründern der Kommunistischen Partei Österreichs und zog 1919 nach Berlin, wo sie in der Kommunistischen Partei Deutschlands zu einer der Führungsfiguren wurde. 1926 wurde sie allerdings aus der Partei ausgeschlossen. Danach lebte sie unter anderem in der Andreasberger Straße, arbeitete als Sozialarbeiterin in Prenzlauer Berg und flüchtete 1933 nach Paris (sie war die erste Frau, die von den Nazis ausgebürgert wurde), von dort aus später nach New York. Sie starb 1961 in Paris.
Arkadi Maslow wurde als 1891 Isaak Jefimowitsch Tschemerinski in der Ukraine geboren und wuchs in Deutschland auf. Als Jugendlicher war er Konzertpianist und bereiste die Welt, bevor er ein Studium der Naturwissenschaften begann. Beim Eintritt in die Kommunistische Partei nahm er das Pseudonym Maslow an. Zusammen mit Fischer gelangte er 1924 an die Parteispitze, wurde aber 1926 ebenfalls aus der KPD ausgeschlossen. Wegen seiner sowjetischen Staatsangehörigkeit konnte er nicht mit Fischer nach New York ausreisen. 1940 gelangte er nach Kuba. 1941, kurz nachdem Fischer ein US-Visum für ihn organisiert hatte, wurde Maslow in Havanna tot aufgefunden. Es wird von einem Mord der sowjetischen Geheimdienste ausgegangen.
Der 1917 geborene Friedrich Gerhart Friedländer war Ruth Fischers Sohn, aus einer früheren Ehe. Er wuchs bei seinen Großeltern in Wien auf, bevor er 1929 zu Fischer und Maslow nach Berlin zog. Am 9. März 1933 wurde er 16jährig von der SA verhaftet und mehrere Tage in einem improvisierten Konzentrationslager an der Friedrichstraße 234 eingesperrt und verhört. Nach einigen Wochen konnte er nach Wien und dann nach England fliehen, wo er seinen Namen als Frederick Gerard Friedlander anglisierte. Nach seinem Studium wurde er dort Mathematikprofessor und verstarb 2001.
Die Verlegung der Stolpersteine wurde vom Paten der Steine und vom Biographen Ruth Fischers, dem Historiker Mario Keßler begleitet. Neben vielen Mitarbeitern des Museums Neukölln war auch einiges an Politprominenz von Grünen, SPD und Der Linken anwesend. In diesen Zeiten in Neukölln kein schlechtes Zeichen. [Photos (cc): Jörg Kantel]
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