Aus Henkel-Mann wird Schredder-Frank: Der Skandal um geschredderte Verfassungsschutz-Akten in Berlin weitet sich aus. Bereits 2010 wurden zahlreiche Unterlagen zum Rechtsextremismus vernichtet. Natürlich handelt es sich nur um ein »bedauerliches Versehen« und nicht darum, daß die Westberliner Stasi der Verfassungsschutz die Beweise für seine Beteiligung an den NSU-Morden vernichten will. Bruahahahahahaha … [Berliner Zeitung von heute, wegen Leistungsschutzrechtprotest nicht verlinkt.] (Kommentieren) (#)
Das Chaos bei der Berliner S-Bahn verschärft sich immer mehr. Gestern pünktlich zum Berufsverkehr ging eine der maroden, kaputtgesparten Weichen zu Bruch, was zusammen mit einem Notarzteinsatz zu völligem Chaos führte. Nicht nur, daß wieder einmal der südliche Ring völlig lahmgelegt wurde, bezeichnend für das Unvermögen der Bahn ist auch, wie die Fahrgäste im Regen stehen gelassen wurden. Das Personal auf den noch wenigen mit Personal besetzten Bahnhöfen reagierte je nach Temperament und Gemütslage freundlich-ahnungslos (Heidelberger Platz, Hermannstraße) bis pampig (Schöneweide). Gemein war allen nur, daß sie völlig uninformiert waren: »Wir wissen auch nicht mehr als das, was an den Anzeigetafeln steht.« Und das hatte mit dem, was tatsächlich fuhr, rein gar nichts zu tun. Daß es seit über 100 Jahren Telephon und Funk gibt, daß haben die Bahnoberen wohl entweder völlig verschlafen oder in ihrer Profitgier einfach weggespart.
Als Kolateralschaden habe ich zu vermelden, daß im Gedränge einer der wenigen Bahnen, die noch fuhren und dementsprechend überfüllt waren (selbst Sardinen reisen bequemer), mir beim Aussteigen jemand versehentlich meine Brille zerstörte – was mich nicht fröhlicher stimmte.
Liebe, genervte und von der Führung im Stich gelassene Bahn-Mitarbeiter: Als Anfang der 1980er Jahre die Zustände bei der S-Bahn (damals noch im Besitz der Deutschen Reichsbahn der DDR) unhaltbar wurden, habt Ihr (respektive Eure Vorgänger) dagegen gestreikt. Dieser Streik führte dazu, daß der Betrieb der (Westberliner) S-Bahn 1984 von der BVG übernommen wurde (damals Eigenbetrieb des Senats). Innerhalb weniger Jahre hatte diese es geschafft, daraus wieder einen funktionierenden Betrieb zu machen (weil es politisch so gewollt war) – bis nach der Wende 1989 der neoliberale Privatisierungswahn zuschlug und die Deutsche Bahn AG alles Erreichte wieder zunichte machen durfte. Ihr habt heute auch nur eine Chance: Streikt! Streikt für Euch und für uns, Eure Fahrgäste! Streikt solange, bis selbst dieser Berliner Senat unter Führung unseres Partybürgermeisters und seines unfähigen Adlatus Müller endlich mitbekommt, daß das so nicht weitergehen kann und daß der öffentliche Personenennahverkehr »öffentlich« heißt, weil er zur Daseinsvorsorge und damit in die öffentliche Hand gehört. Und daß ein funktionierender ÖPNV auch wieder politisch gewollt wird.
[Ceterum censeo]: Daher bin ich nicht nur der Meinung, daß der Berliner Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) als (politisch) Verantwortlicher für das Berliner S-Bahn-Chaos zurücktreten, sondern daß auch die gesamte Berliner S-Bahn wegen erwiesener und dauerhafter Unfähigkeit sofort entschädigungslos enteignet werden muß. (Kommentieren) (#)
Andrea Beyerlein hat eine Wunschliste an alle für das BER-Debakel Verantwortlichen:
Bitte streicht den 27. Oktober 2013 und nennt uns nie wieder einen Eröffnungstermin. Sagt einfach Bescheid, wenn ihr fertig seid.
[…] am allerschönsten wäre es, wenn sich durch eine transparente, glaubwürdige Öffentlichkeitsarbeit irgendwann wieder der Keim einer Hoffnung einstellen könnte, daß bei diesem mit Milliarden Steuergeld finanzierten Chaosprojekt Fachleute am Werk sind, die ihren Job beherrschen, zu einer realistischen Schadensanalyse in der Lage sind und das Rückgrat besitzen, diese Analyse recht bald und vor allem wahrheitsgetreu zu verkünden.
Leider ist dieser Wunschzettel zumindest in Berlin äußerst unrealistisch. Aber zu Weihnachten kann man sich ja auch mal etwas Unrealistisches wünschen. [Berliner Zeitung von heute, wegen Leistungsschutzrechtprotest nicht verlinkt.] (Kommentieren) (#)
Auch eine Folge von Open Access: Renommierte Fachzeitschriften verlieren Einfluß. Laut einer Studie der Universität Montreal sinkt der Anteil von Journalen wie Nature, Science oder Cell an den meistzitierten Veröffentlichungen. Begonnen hat diese Entwicklung laut dem Studienautor Vincent Lariviere in den 90er Jahren, als das Internet seinen Siegeszug in der Welt der Wissenschaft begonnen hat. 1990 wurden noch 45 Prozent der meistzitierten fünf Prozent der Fachartikel in den fünf Prozent der Fachpublikationen mit dem höchsten Impact Factor veröffentlicht, 2009 waren es nur noch 36 Prozent. Dazu der Open-Access-Advokat Gerhard Fröhlich von der Johannes Kepler Universität Linz:
Journale gehören in die Postkutschenära. Papier ist im wissenschaftlichen Journalwesen meiner Meinung nach bereits heute tot. Deshalb überrascht mich dieses Ergebnis nicht besonders.
Auch die Bedeutung des Impact Factors der »großen« Zeitschriften sinkt kontinuierlich. Laut der Studie ist dieser Indikator kein Garant mehr dafür, daß ein dort veröffentlichter Artikel auch häufig zitiert wird. [Pressetext.com] (Kommentieren) (#)
[Update]: Papier scheint wirklich tot zu sein, wenn schon die Frankfurter Rundschau heute Insolvenz anmelden mußte. Und auch das Stadtmagazin Prinz erscheint ab sofort nur noch online … damit keine falschen Vermutungen aufkommen: Das alles habe ich heute früh noch nicht gewußt! [Spiegel Online, wegen Leistungsschutzrechtprotest nicht verlinkt.] (Kommentieren) (#)
Über …
Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!
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