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Tutorial: Krieg der Sterne mit Marx und Engels

Nicht nur Körper lassen sich mit Processing und damit auch mit Processing.py, dem Python-Mode von Processing, durch den dreidimensionalen Raum wirbeln, das geht auch mit flachen Ebenen und daher auch mit Texten. Das bekannteste Beispiel ist die Titelsequenz aus dem Film »Krieg der Sterne« (Star Wars, USA 1977) und dieses Beispiel möcht ich nun in Processing.py nachprogrammieren. Doch statt der Eröffnungsgeschichte zum Sternenkrieg habe ich als Textvorlage die Einleitung aus dem Manifest der Kommunistischen Partei gewählt, die Karl Marx und Friedrich Engels 1848 veröffentlicht hatten. Sie beginnt mit dem berühmten Satz: »Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus«.

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Ich habe die ersten Absätze der Manifests in eine Textdatei geschrieben und diese wie gewohnt in den data-Ordner des Sketches abgelegt, damit Processing sie auch finden kann. Das eigentlich Programm ist mal wieder sehr kurz:


def setup():
    global txt, y
    size(800, 600, P3D)
    y = height/2

    lines = loadStrings("manifest.txt")
    txt = join(lines, "\n")


def draw():
    global txt, y
    background(0)
    translate(width/2, height/2)

    fill(238, 213, 75)
    textSize(width*0.04)
    textAlign(CENTER)
    rotateX(PI/4)
    w = -width*0.6
    text(txt, -w/2, y, w, height*10)
    
    y -= 1
    if y <= -3300:
        y = height/2

Im setup() habe ich nur die üblichen Vereinbarungen getroffen (Fenstergröße und 3D-Kontext) und dann die Datei zeilenweise geladen und zu einem Gesamttext zusammengefügt.

In draw()bekommt die Animation einen schwarzen Hintergrund verpaßt und den Ursprung des Koordinatensystems habe ich in die Mitte des Fensters gelegt. Der Text bekommt eine goldene Farbe und mit textSize(width*0.04) eine passende Größe (diesen Wert habe ich mal wieder experimentell herausgefunden). Dann wird er zentriert und mit rotateX(PI/4) um 45 Grad nach hinten geneigt. Die nächste Zeile sorgt dafür, daß der Text einen kleinen Abstand rechts und links vom Rand des Fensters hat und dann wird er in den dreidimensionalen Raum gelegt.

Bei jedem Durchlauf wird der y-Wert um eins dekrementiert, so entsteht der Eindruck, daß der Text in den Weiten des Raumes entschwindet. Wenn y <= -3300 wird, ist der Text einmal über den Bildschirm gehuscht und ich lasse das Spiel von vorne beginnen.

Ein Video aus dieser Animation erstellen

Das alles schreit natürlich nach einem Video, das man mit Processing ganz einfach erstellen kann. Zuerst einmal muß man natürlich von jedem Frame einen Screenshot erstellen. Dazu fügt Ihr einfach folgende Zeilen in die draw()-Schleife ein respektive ersetzt diese:

saveFrame("output/manifest_####.png")
    
    y -= 1
    if y <= -3300:
        noLoop()

Diese sorgen einmal dafür, daß bei jedem Durchlauf im Ordner output eine Datei manifest_####.png abgelegt wird, wobei #### für den aktuelle Framecount steht. Sind genügend Bilder zusammengekommen – in diesem Falle nach 3.300 Bildern –, wird der Durchlauf mit noLoop() gestoppt. Dann rufen Sie im Menü Tools den Unterpunkt Movie-Maker auf und erhalten folgenden Dialog:

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Wie Ihr seht, könnt Ihr dem Teil sogar noch eine Sounddatei mitgeben, um ihren Film mit Musik zu unterlegen, doch darauf habe ich verzichtet 1. Das Tool erstellt dann einen QuickTime-Film, der die Animation abspielt.

Noch einen Tip: Wenn Ihr dieses Video auf einem Mac mit QuickTime abspielt, möchte QuickTime diesen Film anschließen als »konvertierten« Film neu abspeichern. Das könnt Ihr machen, doch versucht nicht, aus diesem konvertierten Film dann ein MP4-Video zu machen, das Firefox mit dem HTML5-Video-Tag abspielen soll. Ihr erhaltet dann die Meldung, daß Firefox diesen Film als »defekt« ansieht und nicht abspielen kann. Wenn Ihr jedoch einen MP4-Film aus der Original-Datei erstellt, dann sind nicht nur Chrome und Safari, sondern auch der Firefox zufrieden.

YouTube zensuriert

Doch versucht nicht, dieses Video bei YouTube hochzuladen. Ich hatte es probiert, doch nur wenige Minuten nach dem Hochladen erhielt ich eine Mail mit folgendem Inhalt:

In unseren Community-Richtlinien wird beschrieben, welche Inhalte auf YouTube erlaubt sind und welche nicht. Dein Video »Manifest« wurde zur Überprüfung gemeldet. Bei der Überprüfung haben wir festgestellt, daß Dein Video gegen unsere Richtlinien verstößt. Deshalb haben wir dieses Video aus YouTube entfernt. Außerdem hat Dein Konto eine Verwarnung wegen der Verletzung unserer Community-Richtlinien bzw. vorübergehende Strafe erhalten.

Das kann doch nicht wahr sein, YouTube hat Angst vor dem Kommunistischen Manifest, einem Text aus dem Jahre 1848, Angst vor Karl Marx und Friedrich Engels und zensiert dieses harmlose Video darüber. Diese Angst der großen Datenkrake vor dem Kommunismus gibt mir ja wieder Hoffnung und macht mich richtig stolz.

Aber es zeigt auch, wohin eine Gesellschaft kommt, wenn man Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung privatisiert und sie in die Hände von Großkonzernen wie Google und Facebook legt.

  1. Getreu dem Motto von Wilhelm Busch: »Musik wird störend oft empfunden, weil stets sie mit Geräuasch verbunden«.


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Über …

Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!

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