Dieses Zitat von Pier Paolo Pasolini zur kulturellen Gleichschaltung durch die »neue Massenkultur« habe ich in dem Artikel »Pier Paolo Pasolini – Don Quijote ohne Sancho Pansa« von Wolfram Schütte in der 5plus, Ausgabe 02/2019, Seiten 15ff gefunden. Leider ohne Quellenangabe – was seltsam ist, will eine Buchhändlerzeitschrift keine Bücher mehr verkaufen?
Kein faschistischer Zentralismus hat das geschafft, was der Zentralismus der Konsumgesellschaft geschafft hat. Der Faschismus propagierte ein reaktionäres und monumentales Modell, das sich jedoch nie real durchzusetzen vermochte. Die verschiedenen Sonderkulturen (die der Bauern, der Subproletarier, der Arbeiter) richteten sich vielmehr nach ihren überlieferten Modellen. Die Repression ging nur soweit, wie es zur Sicherung des verbalen Konsenses erforderlich war. Heute dagegen ist der vom Zentrum geforderte Konsens zu den herrschenden Modellen bedingungslos und total. Die alten kulturellen Modelle werden verleugnet. Die Menschen haben nichts mehr damit zu tun. […] Wie war es nur möglich, daß sich eine solche Repression durchsetzen konnte? Durch zwei Revolutionen: Die Revolution der Infrastrukturen und die Revolution im Informationswesen (hervorhebung von mir -ka-). […] Mit Hilfe des Fernsehens hat das Zentrum den gesamten Rest des Landes seinem Bilde angeglichen, eines Landes immerhin, das unerhört mannigfaltig in seinen Geschichtsabläufen und reich an originären Kulturen war. Ein Prozeß der Nivellierung wurde eingeleitet, der alles Authentische und Besondere vernichtete. Das Zentrum erhob seine Modelle zur Norm; und diese Norm ist nichts anderes als die der modernen Industrialisierung, die sich nicht mehr damit zufriedengibt, daß der Konsument konsumiert, sondern mit dem Anspruch auftritt, es dürfe keine andere Ideologie als die des Konsums geben. Ein neosäkularer Hedonismus, der ahnungslos sämtliche humanistischen Werte vergessen hat und ahnungslos jeder humanen Wissenschaft entfremdet ist.
Wenn man dies liest, fragt man sich, wie konnte Pasolino in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Entwicklung der Grünen vorhersehen? Er hat schon damals vorausgesehen, daß die technische Entwicklung zu einem Medium führt, daß das allgegenwärtige Versprechen kommunikativer Individualität mit der kollektiver Kontrolle und Manipulation verbindet und alle zu politisch korrekten und gleichgeschalteten Konsumenten macht.
Ich vermute mal, der Text ist in den Freibeuterschriften – Die Zerstörung der Kultur des Einzelnen durch die Konsumgesellschaft erschienen. Ich sollte sie zu meinem Kanon der von mir noch zu lesenden Bücher zur Medientheorie hinzufügen. [Photo (cc): Jörg Kantel]
[Update]: Ich habe die Quelle gefunden. Es sind die Freibeuterschriften.
Über …
Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter Rentner, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!
Alle eigenen Inhalte des Schockwellenreiters stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz, jedoch können fremde Inhalte (speziell Videos, Photos und sonstige Bilder) unter einer anderen Lizenz stehen.
Der Besuch dieser Webseite wird aktuell von der Piwik Webanalyse erfaßt. Hier können Sie der Erfassung widersprechen.
Diese Seite verwendet keine Cookies. Warum auch? Was allerdings die iframes
von Amazon, YouTube und Co. machen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Werbung