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Kurze Blogposts und Medium im Kasten

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Dave Winer (mal wieder) erinnert sich daran, daß er früher™ viel mehr kurze Blogposts gebracht hätte als heute und hält diesen Wechsel nachträglich für einen Fehler. Er meint, kurze Blogposts wären sinnvoll, weil

  1. es die Nutzer so wünschten. Sie möchten einen Blogeintrag in wenigen Sekunden lesen und erfassen.

  2. der Blogger seine kurzen Einträge nicht in die Silos von Facbook und Twitter posten solle, sondern im offenen Web. Es sei natürlich okay, seine Blogposts von dort aus dann auch auf Twitter und Facebook etc. zu verbreiten.

  3. Falls die verwendete Blogsoftware kurze Blogposts nicht wirklich unterstützen würde, solle man sie dennoch schreiben. Je mehr Nutzer kurze Blogposts verwenden, desto eher würden die Softwarefirmen ihre Software entsprechend anpassen.

Bis auf Punkt 3 (dazu weiter unten mehr) bin ich im Großen und Ganzen seiner Meinung. Wobei ich bei meinem Blog Kritzelheft festgestellt habe, daß – seit ich für jeden Post wieder einen eigenen Eintrag erstelle – ich der Idee eines digitalen Kritzelheftes näher gekommen bin, als vorher, wo ich nur für jeden Tag einen eigenen Eintrag (eine eigene Seite) angelegt hatte. Der Versuch, diese Seite dann jeweils eigen zu gestalten und ihr einen inneren Zusammenhang zu geben, hat mich mehr gebremst als inspiriert. Jetzt widerum kann ich mit jeden Eintrag machen, was ich will. Ich muß nicht mehr darüber nachdenken, ob ich zu viele Bilder auf der Seite habe oder ob es pietät- oder geschmacklos sei, zwei Beiträge auf einer Seite zu bringen, von denen einer beispielsweise den Tod eines Menschen bedauert und der andere ein blöder Witz ist.

Und ich poste mit Hilfe meines RSS-Feeds gnadenlos jeden Blogbeitrag auch auf Xing, LinkedIn, Google+, Twitter und Facebook. Das passiert mehr oder weniger (halb-) automatisch, an den Skripten bastel ich ständig, weil die »sozialen« Netze immer wieder ihre APIs ändern und dann ist doch erst einmal wieder Handarbeit und copy & paste angesagt, bis ich wieder dazu gekommen bin, die Skripte anzupassen.

In einem anderen Beitrag (The failed New Republic restart) spricht Winer zum Schluß von der Idee vieler (Open Source) Medium-Klons:

Imho there need to be lots of Mediums. Each with a separate, identifiable position. The idea of a Medium-in-a-box makes a lot of sense.

Das geht ungefähr in die Richtung, an der ich auch mit meiner World Markdown (wieder) arbeite. Meine Idee geht allerdings noch einen Schritt weiter. Ich denke über eine dezentrale Anhäufung von vielen Medium-ähnlichen Sub-Sites hinaus. Es gilt, eine leicht zu bedienende Software zu entwickeln, mit der jeder und jede in die Lage versetzt wird, sein eigener Publizist und seine eigene Marke zu sein. Ein Blog Kritzelheft als die Kommandozentrale einer digitalen Existenz, mit statischen Seiten für die Zukunftssicherheit und der Möglichkeit, von dort aus den Content einfach und möglichst automatisch in die sozialen Netze zu kippen, ohne die Kontrolle darüber zu verlieren.

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Vorbild dafür ist für mich immer noch Radio UserLand, Winers Stück Software, das damals seiner Zeit zu weit voraus war, um richtig erfolgreich zu sein. Radio UserLand basierte auf Frontier und RubyFrontier, die Software, die dieses Kritzelheft antreibt, ist Matt Neuburgs Versuch, die (für ihn) wichtigen Teile von Frontier in eine moderne Zeit zu retten. Ich bin allerdings der Meinung, daß noch mehr geht. Und darum plädiere ich schon länger dafür, auf der Basis von CouchDB ein modernes Frontier zu bauen, mit dem man dann auch ein modernes (und freies) Radio-UserLand-in-a-box verteilen könnte.

Es wäre dann tatsächlich so ähnlich, wie das alte Radio UserLand. Die einen können es out-of-the-box nutzen, die anderen können daran so viel herumschrauben, wie sie wollen und es für ihre speziellen Bedürfnisse anpassen.

War sonst noch was? Ja, Albatros berichtet über einen Gegenentwurf zu den kommerziellen sozialen Netzen, den Geert Lovink in einem Interview mit Studenten der FH Groningen ausführt:

Lovink hält die alternativen sozialen Netzwerke, die es seit etwa fünf Jahren gibt – Lorea, Diaspora, Friendica, Crabgrass und andere –, für utopische Skizzen, in denen Künstler, Aktivisten und Programmierer versuchen, gemeinsam, durch den Aufbau von Netzwerken, die Gesellschaft zu verändern. […] Veränderungen hält Lovink weiterhin für möglich. Das Internet sei immer noch eine sehr fließende Umgebung, Nutzerwechsel wie seinerzeit, als sie MySpace oder StudiVZ sehr schnell und in Scharen verließen, wären weiterhin möglich.

In diesem Sinne halte ich auch meine World Markdown, meine Idee eines CouchDB-basiertem Radio UserLands, aber auch die Anstrengungen, die Dave Winer unternimmt, ebenfalls für utopische Skizzen.

Sorry, das sollte eigentlich auch nur ein kurzer Blogpost werden. Aber ich habe mich in Rage geschrieben. [Photo (cc): Gabriele Kantel]


(Kommentieren)  Kurze Blogposts und Medium im Kasten – 20160111 bitte flattrn

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Über …

Der Schockwellenreiter ist seit dem 24. April 2000 das Weblog digitale Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig). Hier steht, was mir gefällt. Wem es nicht gefällt, der braucht ja nicht mitzulesen. Wer aber mitliest, ist herzlich willkommen und eingeladen, mitzudiskutieren!

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